Auf einer Forschungsreise nach
Neapel im Jahr 2018 zog Patrick Borchers durch die
Straßen und fand
Müllskulpturen,
Straßen-Gegenstand-Schrift-Hausfassaden-Kompositionen,
ephemere, zufällig zusammengestellt wie arrangiert wirkende Situationen.
Was ihn an ihnen interessierte, war weniger der Fakt, dass hier
Gegenstände im
öffentlichen Raum entsorgt wurden, sondern deren Gesamtkompositionen,
die er in
den Fotografien festhielt. Sie bestehen aus verschiedenen Oberflächen
und
Strukturen, vor allem aber aus waagerechten und horizontalen Linien,
die das
Bild strukturieren. Sie werden ergänzt und unterbrochen durch Graffitis
an den
Wänden, durch aufplatzende Fassadenfarbe, durch abgelegte verklebte
Tüten,
Kartons und Dinge.
Schaut man sich die Fotos genauer an, fällt auf, dass sich bestimmte
Motive
wiederholen – so dass es nicht wundert, dass Borchers diese Serie als
eine
Arbeit versteht. Meist dienen die Fotografien, von denen es ein ganzes
Archiv
gibt, dem Künstler als Ausgangsmaterial für Zeichnungen, doch in diesem
Fall
waren die Motive so stark und standen für sich, dass daraus eine
eigenständige
und in sich geschlossene Arbeit entstanden ist. Den „richtigen“ Müll
hat er
dann woanders fotografiert und später im Atelier in Zeichnungen
übersetzt.
Anna-Lena
Wenzel, 99% URBAN,
Plattform für Künstler*innen und künstlerische Perspektiven
auf Stadt, Berlin
|