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patrick borchers 2009, ausstellungsansicht kunstverein bochumer
kulturrat - installation, mixed media - 4 videos (found footage,
rückprojektion, farbe, stumm, (1:42 min., 2:47 min., 1:45 min., 3:26
min.) - 10 digitalprints auf fotopapier unterschiedlicher größe - 22
zeichnungen unterschiedlicher größe, graphit-buntstift auf
zeichenpapier - gesamtgröße ca. 8 m x 2 m | | |
Die Macht der Dinge, Gesten und Zeichen: „Just a
little jump“
[...] Patrick Borchers verarbeitet in der
Tages- und Wochenpresse sowie im Internet kursierende
Bilder und Videos, die zunächst gesammelt, zu
thematischen Blöcken geordnet und archiviert werden.
Motive und Bildgefüge werden analysiert, neu
strukturiert und in thematisch aufeinander bezogenen
Werkgruppen zusammengefasst. Der Fokus seiner
Wahrnehmung richtet sich auf gesellschaftlich und
politisch relevante Probleme, die in den Medien
kontrovers diskutiert und vielfach auch als Bedrohung
der öffentlichen Ordnung, wenn nicht gar des
gesellschaftlichen Systems empfunden werden.
In besonderer Weise realisiert Patrick Borchers dieses
Konzept in der raumgreifenden Installation „Just a
little jump“, in der er das Phänomen des Amoklaufs an
Schulen befragt und untersucht. Die künstlerische
Recherche geht von den selbst gefertigten Videos aus,
die der Emsdettener Amokläufer Bastian Bosse, alias
ResistantX bei www.youtube.com zur Ankündigung,
Antizipation oder auch Vorbereitung seiner Tat online
gestellt hat. Dieses Found Footage-Filmmaterial hat
Patrick Borchers zunächst per Screenshot vom Bildschirm
abfotografiert bzw. in Sequenzen abgefilmt, um dann
einzelne Details zu vergrößern, zu semiotischen
Fragmenten zu verknappen, in neue Zusammenhänge zu
bringen und teilweise linear nachzuzeichnen. In der
großflächigen Wandinstallation „Just a little jump“
werden die Medien Video, Fotografie und Zeichnung
zusammengeführt und neu inszeniert. Durch Ausschnitte,
Vergrößerungen, Verschiebungen und Überblendungen wird
die narrative Struktur des vorgefundenen Filmmaterials
zerlegt, teilweise aufgehoben und neu interpretiert.
Gleichzeitig werden die symbolischen, gestischen und
formalen Grundlagen der Selbstinszenierung des
Amokläufers transformiert und umgestaltet.
Patrick Borchers geht es dabei nicht primär um die
vermeintliche Authentizität der Selbstdarstellung. Durch
die überlappende Verschränkung der Bildebenen schafft er
ein komplexes semiotisches System, aus dem sich die
subkulturellen Bedeutungen und Codierungen, die dem
ikonischen Material bewusst oder unbewusst eingewoben
sind, - mehrschichtig und polyvalent – ableiten lassen.
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Dr. Christoph Kivelitz (1966 - 2011)
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